Mineralwasser steht in Deutschland hoch im Kurs: Im Durchschnitt trinkt jeder Deutsche ↑149 Liter im Jahr. Und das obwohl wir auch einfach das Trinkwasser aus dem Wasserhahn nutzen und somit Kosten, Plastik und Flaschen-Schleppen sparen könnten. Ist es wirklich so, dass Mineralwasser gesünder ist oder hängt diese Prioritätensetzung vielleicht nur mit falschen Vorurteilen gegenüber Leitungswasser zusammen?

1. Ist Trinkwasser verschmutzt?

Nitratgehalt, hohe Schadstoffkonzentration, Medikamentenrückstände – Ein weit verbreitetes Vorurteil gegenüber Leitungswasser ist, dass es verschmutzt und gesundheitsschädlich sei aufgrund der Verunreinigung des Grundwassers. Dahingegen verspricht das Etikett von Mineralwasser, dass es „ursprünglich rein“ sei. Was davon ist denn jetzt wahr und woher kommt das Wasser jeweils eigentlich? Tatsächlich ist Leitungswasser das am besten kontrollierte Lebensmittel in Deutschland. Das Wasser, das bei uns aus dem Hahn kommt, stammt ursprünglich aus Grundwasser, Flüssen, Seen und Talsperren, sowie aus Quellwasser. Dadurch ist es teilweise auch unerwünschten Stoffen aus der Umwelt ausgesetzt. Um zu vermeiden, dass diese unerwünschten Stoffe unser Trinkwasser verschmutzen, wird das Wasser in Wasserwerken aufbereitet. Mehrmals am Tag wird das Wasser auf Chemikalien und Keime überprüft. Somit gelten für Leitungswasser sogar strengere Vorschriften als für Mineralwasser. Auch die Sorge, dass die Nitratwerte im Leitungswasser zu hoch seien, erwiesen sich in Tests als unbegründet.

Alte-Trinkwasser-Hähne-Natur

Es stimmt zwar grundsätzlich, dass die Nitratwerte im Grundwasser wegen der Massentierhaltung und übermäßigem Düngen steigen. Jedoch wird das Nitrat bei der Trinkwasseraufbereitung so verdünnt und herausgefiltert, dass der Restgehalt laut Umweltbundesamt gänzlich unbedenklich ist. Wer dennoch nicht von der Qualität überzeugt ist, kann sein Wasser einfach auf ↑wassertest-online.de selbst auf Schadstoffe testen lassen. Wie sieht es dem gegenüber mit dem Mineralwasser aus? Ist es wirklich so ursprünglich rein wie angepriesen? Das Mineralwasser war ursprünglich Niederschlagswasser, das in die Erde gesickert ist. Somit wird es aus einer unterirdischen Quelle gewonnen, die vor Verunreinigungen geschützt ist, wenn eben nicht auch Dünger oder Chemikalien im lauf der Jahre durchsickern. Der neueste ↑Test von Stiftung Warentest beweist allerdings, dass diese Reinheit nicht immer gegeben ist. So wurden bei einem Test von 52 Mineralwassern verschiedene Spuren wie Arsen, Nickel und Uran aus der Umwelt gefunden. In einem der Wasser wurde sogar eine etwas erhöhte Anzahl an Keimen nachgewiesen, die für Menschen mit einer Immunschwäche bedenklich sein könnte. Außerdem wurden teilweise Spuren von Pflanzenschutzmitteln gefunden. Auch wenn diese Funde als unkritisch eingeschätzt wurden, ist aber die versprochene Reinheit der Mineralwasser zu hinterfragen.

2. Ist der Mineralgehalt im Mineralwasser höher?

Auch das ist in Wirklichkeit ein weit verbreiteter Mythos. Vor ein paar Jahrzehnten war es tatsächlich vorschriftsmäßig der Fall. So musste Mineralwasser damals noch 1000 Milligramm gelöste Mineralstoffe pro Liter und eine ernährungsphysiologische Wirkung aufweisen. Doch seit der EU-Harmonisierung für Mineralwasser von 1980 spielt der Mineralstoffgehalt keine Rolle mehr. Das bewies auch ein weiterer ↑Test von Stiftung Warentest, bei dem nur 8 der 30 getesteten Mineralwasser mehr Mineralstoffe aufwiesen als das nährstoffreichste Leitungswasser.

Plastikflaschen-Müll

3. Weichmacher und Mikroplastik in Mineralwasser?

Mineralwasser wird hauptsächlich in PET-Flaschen verkauft. Abgesehen davon, dass das erhebliche Konsequenzen für unsere Umwelt mit sich bringt, birgt es außerdem ein gesundheitliches Risiko. So haben Wissenschaftler jetzt Mikroplastik in Mineralwässern gefunden. Unter Mikroplastik versteht man Kunststoffteilchen, die bis zu 5 Millimeter groß sind. Das ↑Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe untersuchte 34 Mineralwasser in unterschiedlichen Verpackungen auf Mikroplastik und fand dabei heraus, dass sich vor allem in PET-Mehrwegflaschen viele Kunststoffteilchen ansammeln.3 Die Gehalte lagen im Durchschnitt bei 118 Partikel je Liter. Wie gefährlich das genau ist für uns, wurde noch nicht endgültig herausgefunden, aber von „rein“ kann hier offensichtlich keine Rede mehr sein. Ähnlich problematisch sind andere Stoffe, die von dem Plastik in das Wasser gelangen können. Da ist unter anderem Acetaldehyd zu nennen. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung sei diese aus dem Plastik austretende Menge zwar unbedenklich, allerdings kann sie einen chemischen Geschmack im Wasser hinterlassen.
Zudem wurden 2009 bei einer Studie der Goethe Universität Frankfurt am Main damals östrogene Belastungen im Mineralwasser nachgewiesen. Auch wenn das ↑laves Institut bekannt gab, dass diese hormonellen Belastungen kein Gesundheitsrisiko darstellen würden , ist diese Tatsache doch bedenklich.

4. Ökologische und finanzielle Nachteile von Mineralwasser

Neben diesen gesundheitlichen Risiken bringt Mineralwasser aber auch noch ganz andere Nachteile mit sich. Insbesondere im Vergleich zu Leitungswasser fällt auf, was für umweltschädliche Konsequenzen der Kauf von Mineralwasser hat. Denn auch wenn in Deutschland fast jede Region über ihren eigenen Brunnen verfügt, wird oftmals Wasser aus Quellen gekauft, die hunderte oder sogar tausende Kilometer weit entfernt liegen. Das hängt also je nach Wasser mit starken CO2 Emissionen zusammen, die man einfach vermeiden könnte.
Was für Probleme wir mittlerweile mit dem nicht abbaubaren Plastik-Müll haben, sollte bekannt sein. Für jeden Liter Wasser eine neue Plastikflasche zu kaufen, erscheint da geradezu fahrlässig.

Plastikflaschen-Müll
Mineralwasser-Glasflaschen-Produktion

Außerdem ist allein schon der preisliche Unterschied zwischen Mineralwasser und Leitungswasser eine Überlegung wert: Für einen Liter wird inklusive Abwasserkosten rund ein halber Cent fällig. Mit diesem Preis kann Mineralwasser nicht mithalten.
Des Weiteren sollte man Konzerne wie Nestlé, Coca Cola, Pepsi und Ähnliche nicht noch mit dem Wasserkauf unterstützen. Denn auch wenn das Recht auf Wasser seit 2010 als Menschenrecht verankert ist, behandeln diese Konzerne es wie ein Handelsgut. Dabei sind ihnen wirtschaftliche Vorteile wichtiger als die Tatsache, dass das Abfüllen von Quellwasser in vielen Gegenden zu einem Absenken des Grundwasserspiegels und zu Wasserknappheit für die lokale Bevölkerung führt.

5. Kann man den Geschmack von Leitungswasser verbessern?

Nachdem die immensen gesundheitlichen, ökologischen, finanziellen und moralischen Nachteile, die der Kauf von Mineralwasser mit sich zieht, erörtert wurden, stellt sich die Frage, was noch gegen Leitungswasser spricht? (Den Text an der Seite neben den Bildern) Viele Konsumenten argumentieren für Mineralwasser mit dem Geschmack. Das hänge einerseits mit der Kohlensäure zusammen, die das Wasser leicht sauer schmecken lässt und andererseits ist vielen das Leitungswasser zu hart. Für das erste Problem wäre ein Wassersprudler eine einfache Lösung, mit dem sich zudem das unnötige Schleppen der Plastikflaschen vermeiden lässt.

Um den Geschmack zu verbessern und etwaige Spuren von Schadstoffen herauszufiltern, besorgen sich viele einen Wasserfilter. Das ist allerdings nicht sinnvoll. Tatsächlich wurde in mehreren Studien herausgefunden, dass Wasserfilter die Wasserqualität eher mindern. So wies eine ↑Studie von Stiftung Warentest von 2014 nach, dass die Entkalkung und Enthärtung des Leitungswasser nur sehr kurzzeitig stattfindet, außerdem eine starke
Verkeimungsgefahr vorliegt und manche Filter sogar Schadstoffe in das Wasser abgeben. Wer den Geschmack dennoch nicht ausstehen kann, kann sein Wasser auch einfach mit etwas Zitronensaft oder Obstscheiben verbessern.